Zwei Dinge bekommt jeder neue Greenfee-Spieler von Golf-Rezeptionist Raphael Huber mit auf die Runde – eine Pitchgabel, damit man das Ausbessern der Marken nicht vergisst und einen Tipp: „Denken Sie an die 15 Minuten Pause in der Seehütte10 nach der ersten Hälfte…“. Er zitiert damit eine der wichtigsten Platzregeln. Von einer Zwangspause zu sprechen wäre verfehlt, denn das hölzerne Halfway-Seehaus mit dem weiten Blick in die voralpenländische Moorlandschaft möchte man am liebsten gar nicht mehr verlassen, wenn man einmal seinen Charme genossen hat. Neben regionalen Spezialitätenoder hausgemachtem Kuchen gibt es dort auch die Auswahl an Titleist-Bällen – was manchen platzunkundigen Spieler noch gerade rechtzeitig gerettet haben soll.
Die Golfrunde wird zur Safari
Noch vor zwölf Jahren waren hier nur Ackerflächen und Maisfelder. Nicht gerade ein Paradies für heimische Tierarten. Das hat sich hörbar geändert. An jedem der vielen Teiche, Bäche und Tümpel quakt und platscht es den Spielern entgegen. Rehe, Feldhasen und ein Biber – die Natur ist wieder da. Viele Wasservogelarten fühlen sich hier wohl und haben per Luftfracht auch gleich ein Sortiment Fischlaich mitgebracht. Kurzum – jede Platzrunde ist auch eine kleine Safari.
Vielleicht fühlt sich auch deshalb Dieter Müller hier so wohl. Der Gründer und CEO der MotelOne-Hotelkette ist regelmäßiger Gast im Achental, obwohl er nicht gerade nebenan wohnt. Ihm gehören Platz und das 195-Zimmer-Resort nebenan. Warum er nicht einfach auf einem der vielen Münchener Plätze spielt? “Ich habe ja schon 1986 das Hotel übernommen und es entwickelt und es seitdem zu “Das Achental” ausgebaut. Ich bin also ein Stück weit zu Hause in Grassau.” Ein Jahr nach der Übernahme fing Müller an Golf zu spielen, heute hat er ein Handicap von 17. Der erfolgreiche Hotelier hat sich mit der Erweiterung um einen Golfplatz auf 75 Hektar Grund Zeit gelassen. Eröffnung war 2013.
Ungestörtes Golfen
Ob es sich auf der eigenen Anlage anders spiele, möchte ich stellvertretend für alle Nicht-Golfplatzbesitzer wissen: “Ja es spielt sich etwas anders, denn ich konzentriere mich nicht nur auf mein Spiel, sondern natürlich auch auf die viele Details auf dem Platz.” Ob ihm dabei jüngst noch ein Verbesserungsvorschlag gekommen ist: “Vielleicht ein paar Regentage weniger wären schön.”
Eine Runde mit dem neuen Hoteldirektor
Auf einer Runde mit seinem neuen Hoteldirektor Marcel Henneke, einem durchtrainierten Rheinländer wird schnell deutlich, was das erklärte Ziel im Achental ist: „Wir wollen an die Spitze der deutschen Golf-Resorts.“ Auch kulinarisch. Mit Edip Sigl hat der ehemalige Mitarbeiter von Eckart Witzigmann und Peter Hesseler (der das bislang beste deutsche Golfclub-Restaurant in Gut Lärchenhof führt) einen Zwei-Sterne-Koch aus München gewonnen. Im eigens gebauten Restaurant ES:SENZ soll er mit Steinbutt aus Wildfang mit chiemgauer Morcheln, Lardo und Sherry oder heimischem Rehrücken mit Sellerie, Aprikose und Wacholder neue Genuss-Maßstäbe in der Golfwelt setzen. Ein Golf-Set hat der gebürtige Kölner (auch er hat übrigens in Lärchenhof gearbeitet) zum Einstand bereits Geschenk bekommen, aber einstweilen hat er keine Zeit für Range, Pro und Platz. Obwohl die Küche schon wenige Tage nach der Eröffnung einen ziemlich fehlerlose Leistung abliefert.
Marcel Henneke hat nach Jahren in Spanien und Portugal zurück in die Heimat gefunden. Das Golfspiel hat der 44-Jährige vor etlichen Jahren als idealen Sport für Berufsnomaden entdeckt. Inzwischen hat er Handicap 7,5 und legt während unserer gemeinsamen Runde an der 9, einem 449 Meter langen Par 5 mit mächtigen Wasserhindernissen an beiden Seiten, den Ball mit dem zweiten Schlag zum Eagle-Putt drei Meter neben die Fahne. Dabei sei er ja eigentlich vor allem Radfahrer, merkt er an und schwärmt von Touren durch Buthan und Peru. Radeln würde ich daher besser nicht mit ihm…
Aber zurück zu seinem neuen Arbeitsort: Mit Simon Hangel hat er einen heimischen Golflehrer an seiner Seite. Als Golf & Leisure-Manager hat er eine PGA Premium-Akademie im Haus aufgebaut. Dort bringt er mit regelmäßigen Workshops bekannter Golfprofis Amateure auf neue Spiellevel. Nicht golfende Begleitpersonen werden in kostenlosen Schnupperkursen angefixt. Und wenn das nicht gelingt, bietet der 2.000 Quadratmeter große Spa noch ein paar andere Möglichkeiten.
Zwar sind nur rund 20 Prozent der Achental-Besucher aktive Golfer, aber viele Tagungsgäste kommen über Schnupperrunden oder abendliche Incentives auf der Driving Range auf die Golfspur. Dabei hilft sicher auch das sachkundige Hotelpersonal. Jedem seiner Mitarbeiter ermöglicht Direktor Henneke mindestens die Platzreife. Jeder Barmann, jede Kellnerin soll wissen worum es geht, wenn von Albatrossen, Chips und Longhittern die Rede ist.
Und der Platz selbst? Architekt Thomas Himmel und Präsident Horst Schaffer haben einen nur vordergründig leicht spielbaren Par-72-Platz kreiert. Viele Wasserhindernisse, uralte Eichen, ausgeprägte Bunkerlandschaften und ein paar S-förmige Fairways machen Achental zu einem Platz für Taktiker. Golf-Aficionado Schaffer: „Wir hatten mal einen der besten deutschen Spieler hier. Der hat seine erste Runde hoch in den Achtzigern gespielt und war völlig verzweifelt. Die zweite Runde brachte ihn immerhin in die Siebziger. Dann hat er stundenlang das Birdie Book studiert, die Bahnen analysiert und es lief besser…“
2.000 Bälle im Rough
Inzwischen ist Achental auch ein gefragter Meisterschaftsplatz mit Auszeichnung zum 5-Sterne-Superioranlage des BVGA. Und gleichzeitig ein ziemlich ambitionierter Freizeitparcours. Jährlich über 2.000 beim herbstlichen Schnitt im Rough gefundene Bälle sprechen für sich. Achental das heißt auch erstklassig gepflegte Grüns – dank 16-köpfigem Greenkeeping-Team; zehn E-Buggys samt Navi-Tablets und Minibar; Performance-Studio mit TrackMan-Simulator und Gratis-Tees an allen relevanten Stellen. Das vielleicht magischste Fleckchen entstammt allerdings einer anderen Zeit – das hölzerne Wegkreuz unter der markanten Eiche an Loch 3 mit Blick auf einen fein geharkten Bunker und ein kleines Schilf-Biotop. Und dazu quaken die Frösche im vielstimmigen Chor.
Weitere Infos zum “Das Achental”:
“Das Achental”, Mietenkammer Straße 65, 83224 Grassau
Tel. 08641-4010
Greenfee werktags 789€, am Wochenende 109€, für Hotelgäste gibt es 25 Prozent Rabatt.
Die Assoziation Golfland Chiemsee-Chiemgau vereint im Umkreis von 30 Kilometern sechs Golfplätze und bietet günstige Arrangements für Übernachtungen und Spiel an. Mehr Infos zur Chiemsee Golfcard gibt es hier.